An der Neuen Bühne hatte Lutz Hübners Stück „Nellie Goodbye“ Premiere:
Senftenberg. Noch ist sie da. Wieder da. Diesmal sogar pünktlich. Doch sie erinnert sich nicht mehr an den Text. Diesen Text von „meiner Welt und deiner Welt“ (Geht unter die Haut. Von Regisseurin Samia Chancrin für diese Inszenierung geschrieben). Ihre Worte sind gelähmt, die langen Haare weg. Die Chemo – sie schlägt nicht mal an. Sie quält sich und genießt es doch, hier zu sein. Marianne Helene Jordan spielt diese todkranke Sängerin beklemmend verhalten. Kein Pathos. Einfach ein letztes Einhalten vor der Endstation. Vor dem Tod, der nun gewiss wird.
Was wird sein, wenn ich dann weg bin? fragt sie und scheint die Stärkste zu sein in diesem Quintett einer Rockband. Die Wichtigste war sie immer, ein Star fast mit leisen Allüren. Dann kam die Einladung zum Bandwettbewerb. Alle rissen sich zusammen: Cora, die immer Hilfreiche (Marlene Hoffmann), Tina an der Gitarre, die sich unterordnet, aber von der Rampe ganz vorn träumt (Hanke Mark), Danny am Drum-Computer, dem die markigen Sprüche noch vergehen (Johannes May) und der schlaffe Jonny, Gitarrist und Nellies Halb-Freund, der strauchelnd endlich Mann wird (Sebastian Volk). Mitten im Lied bricht Nellie zusammen. Die Dresdener Uni-Klinik kann sie nicht retten. Großes Bangen – um Nellie und um diesen so wichtigen Wettbewerb. Und um jedem einzelnen auch.
Liebe, Versagen, Eifersucht, Treue, Trauer, Tod und dann Triumpf. Welch ein Stück!
Lutz Hübner hat es geschrieben, ein junger, sehr erfolgreicher Dramatiker, der seine Laufbahn als Schauspieler im Saarland begann. Hier in der Lausitz hat er sich mit „Frau Müller muss weg“, 2011/12 am Cottbuser Staatstheater bekannt gemacht; das Stück ist 2014 auch in die Kinos gekommen. Absurd erscheinende Lebenssituationen, die eben doch wirklich vorkommen, sind seine Stärke.
Die Neue Bühne hat auf übermäßigen Soundaufwand und Rockstaffage verzichtet. Ein Probenraum wird von Tupper-Büchsen beleuchtet (Bühne und Kostüm Saskia Wunsch), die Songs kommen sparsam instrumental begleitet gut an, sind Metaphern der Situation, in die diese junge Band geraten ist.
Nein, es gibt kein Happyend. Natürlich nicht. Aber es gibt diesen Sieg im Wettbewerb. Das und der Tod Nellies werden rückblendend erzählt. Jeder hat wieder seinen Platz, Tina singt jetzt, und wenn sie gut sind, ist Nellie bei ihnen. Marianne Helene Jordan, etwas abseits, darf ihr Cello steichen. Beifall!
Die nächste Vorstellung ist am 22.März. J. Heinrich
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