Anmerkungen zu Wagners „Fliegendem Holländer“ am Cottbuser Theater
Cottbus. Premiere war schon im Mai, und es gab viel Positives über diesen Cottbuser Wagner zu hören. „Der fliegende Holländer“ in der Regie von Jasmina Hadziahmetovic, einer Frau aus Sarajevo, die in Berlin, Salzburg und Bayreuth assistierte und inzwischen in halb Europa Opern inszenierte. Sie hat eine ganz eigene Sicht auf die Dinge, insbesondere, wie wir bei unserem späten Besuch dieser Inszenierung am vergangenen Freitag bemerkten, auf die Wagnerschen Frauen, denen sie keine Heimchen-Sehnsucht gestattet. Das häufigste Wort im Libretto, das Wagner selbst schrieb, ist „treu“ in allen Tonlagen. Und treu heißt eben ergeben dem Vater, dem Geliebten, allen Männern gegenüber. Das sieht hier nicht so aus und gipfelt in der Verweigerung des Treue-Todes. Diese Senta rennt von der Bühne ins Parkett und knallt von draußen die Tür zu. Peinlich.
Doch der Reihe nach. In einem Bühnenbild mit viel Raffinesse beginnt das Stück mit feurigem Einsatz der Ouvertüre, die alsbald in schmeichelnd-liebliche Romantik mündet.
Richard Wagner kann auch ganz zart, und Alexander Merzyn in souveräner musikalischer Leitung schon sowieso.
Auf der Bühne steht als Bildnis Senta. Lange. Doch sie lebt, ihr Tagtraum wird plötzlich sichtbar: der Holländer! Das ist mit transparenten Vorhängen und Licht genial gemacht und nimmt den Hintergrund zum Verständnis der Handlung voraus. Senta kennt die Sage, schwärmt seit Kindestagen für eben jenen Mann, der nach langer Irrfahrt hier strandet: Noch nie ein treues Weib er fand! Mit Sentas Vater wird er rasch „handelseinig“: Gold und Perlen für das Mädchen – Handschlag drauf. Sie möchte, aber kann ihm schließlich nicht treu sein, denn sie ist Erik (verhalten Martin Shalita) versprochen.
Die Cottbuser Inszenierung holt die ergreifende Dramatik vor allem aus ihren Chören, die förmlich toben wie das zürnende Meer. Christian Möbius lässt sie messerscharf und mit Wucht artikulieren. Diese Kraft geht durch Mark und Bein. Wobei vom Totenschiff, das sie meinen, nichts zu sehen ist.
Auf Leitern, die an Takelage denken lassen, klettern die Protagonisten. Spielfreudig frech und klar singend Hardy Brachmann als Steuermann. Ingo Witzke mit seinem weichen Bass ist Vater Daland, hier ganz zurückhaltend. Großartig im Heldengestus Andreas Jäpel mit gewaltigem, bis in die letzte Szene dominierenden Bariton. Ihm bleibt bei so viel Stimmkraft nur wenig darstellerische Reserve. Mit Gesine Forberger, gesanglich bemüht, ist die Senta etwas zu reif besetzt.
Alles in allem eine mitreißende Inszenierung, der aber nur angestrengt zu folgen ist. Es sollten, da die Technik vorhanden ist, kurze Texte, möglichst deutsch und englisch, wie allerorten üblich, projiziert werden. Und bitte: Nach dem zweiten Bild eine Pause! Das kostet die Künstler Zeit, aber ohne verblasst das gesellschaftliche Ereignis Oper, das diese Region unbedingt genießen sollte.
Der „Holländer läuft noch dreimal dieses Jahr, auch am zweiten Weihnachtstag. Vergangene Woche gab es verdienten kräftigen Beifall für alle. J.Heinrich
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