Forst: Für einen Groschen eine Kugel Eis

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Für einen Groschen eine Kugel Eis gekauft

Keine schwere Rätselaufgabe, so scheint es, war unsere letzte „Luftaufnahme“ von Reinhard Richter. So mailt Frank Henschel: „Die Aufnahme ist etwa um 1960 bis 1970 vom Kirchturm der Stadtkirche gemacht worden und zeigt die Amtstraße Ecke Wasserstraße.
Rund hundert ähnliche Aufnahmen enthält auch die wieder regelmäßig geöffnete Turm-Ausstellung in der Nikolaikirche.
Wenn man bedenkt, dass es weitläufig immer heißt. ‘Forst war 1945 zu 80 Prozent zerstört’, dann bringen mich solche Bilder immer ins Grübeln. Vieles Erhaltenswerte hat wohl eher dem Plattenbau weichen müssen.“
Am Telefon erzählte uns Annerose Pohl: „Es war ein wunderschönes kleines Virtel. Ich bin in der Cottbuser Straße groß geworden, mein Schulweg führte über die Thumstraße. Hier haben wir alles eingekauft, was wir brauchten. Leider ist alles weg, statt dessen stehen Neubauten hier.
Zu sehen ist die Amtstraße. Rechts das große Haus unten ist das ehemalige Gutenberghaus von Frau Nickel. Rechts davon befand sich der Taschenladen Eichbaum. Rechts befindet sich die Wasserstraße. Da waren Schumacher Noack, gegenüber das berühmte Kneipchen ‘Mutti kocht selbst’, dann die Kreuzung Thumstraße. Und rechts die Pfefferkuchendiele, links die jüdische Synagoge, die noch nach dem Krieg als Bib-liothek genutzt wurde.
Neben dem Gutenberg-Haus befand sich ein Kolonialwaren Worreschk, daneben Kurzwaren ‘Knöpfchen-Müller’, daneben die Bäckerei Langisch und Fleischerei Zobel, später Buder. Das letzte Haus in der Amtstraße war die Geschäftsstelle der NDPD. Davon gegenüber verkaufte Richard Miek ‘1000 kleine Dinge’, es folgte die Drogerie Seidel.
Ich denke, die Aufnahme ist von der Kirche gemacht worden.“
Auch Gerda Henschel rief an und kann sich an Details erinnern: „Ich habe früher 400 Meter von der Amtstraße entfernt gewohnt und gute Erinnerungen. In der Bäckerei Langisch, zum Beispiel, der späteren Konsumbäckerei, habe ich als kleines Kind hier für einen Groschen eine Kugel Eis gekauft, wenn ich denn mal einen Groschen hatte! Das dunkle Haus daneben hatte dunkelgrüne Fliesen, es war die Fleischerei Gräwert. In den großen Schaufens-tern des letzten Hauses lag früher die LR aus. Ich weiß noch, dass mein Vater jeden Tag dort stand und die Zeitung las. Der Park war damals der Wilhelm-Pieck-Platz, heute heißt er Friedrichplatz.“
Das Naschwerk hat auch Gisela Frenzel nicht vergessen und verweist auf eine kleine Kaffeestube links neben der Bäckerei Langisch: „Ich erinnere mich noch an ganz tolle Negerküsse mit 10 Gramm Fett und 20 Gramm Zucker Lebensmittelkarten-Abgabe.“ Der Schornstein im Hintergrund gehörte zu dieser Bäckerei, ergänzt Siegfried Winkler: „Hier habe ich meine Lehre als Bäcker begonnen.“
Auch erinnert sich Gisela Frenzel daran, dass sich im Eckhaus nach dem Krieg ein Reformhaus Müller befand, später Sitz einer Blockpartei. Auch an die leckere Wurst der Fleischerei Zobel erinnerten sich mehrere Forster.
Herzlichen Dank allen Schreibern und Anrufern!