Kommentar: Ganz leise kommt das neue Jahr

In den Gärten hier nebenan hat es geböllert. Unsere Kinder waren begeistert. Vielleicht ein Kindergeburtstag oder Omas Runder. Solche kleinen Feuerwerke sind ja längst alltäglich, und mit einer Bescheinigung vom Amt darf man sogar die Knallkörper kaufen.
Nur jetzt zu Silvester nicht. Wer sie kistenweise im Kofferraum über die polnische Grenze bringt, wird wohl erstmal drauf sitzen bleiben und die explosive Ware hoffentlich nicht irgendwann in die Fußballstadien schleppen. Dort ist das Zeugs bekanntlich ganzjährig handfestes Material für einen Strafbestand.
Ja, die Sitten sind streng geworden und inzwischen so streng und einschnürend, dass vielen Leuten die Puste knapp wird. Sie sträuben sich, weil strenge Pandemie-Regeln natürlich sein müssen, aber jeder mit etwas Macht ausgestattete Beamte noch sein Scherflein Verbot hinzugibt. Inzwischen ist es vielfach bequem geworden, Dinge zu verbieten, statt sie gut zu organisieren. Und auf dieses gute Organisieren des Gemeinwohls wird es im neuen Jahr ganz stark ankommen. Mancher hat nämlich schon vergessen, was in normalen Tagen seine tägliche Pflicht war und glaubt, es sei gar nicht nötig, das zu tun, was ihm ohnehin nur Mühe und manchmal Verdruss brachte, das Leben aller aber ausmachte. Zum Beispiel früh am Morgen mit freundlichem Gesicht eine Ladentür zu öffnen. Und Kindern einen schönen Schulalltag oder erlebnisreichen Kindergarten-Nachmittage zu bereiten.
Nein, die Böller brauchen wir wirklich nicht in der Nacht zum neuen Jahr. Sie machen vielen Menschen Angst und bereiten allen Tieren Panik. Von den Gefahren, die beim leichtfertigen Umgang mit den Knallern ausgeht, ganz zu schweigen. Offiziell wird das Böllerverbot sogar mit der Krankenhausüberlastung begründet, die durch viele Unfälle eintrete. Das ist natürlich eines mehr von den geistlosen Corona-Märchen. Die Zahl der Feuerwerksunfälle und ihre Schwere, so bedauerlich das alles ist, hat noch niemals ein Gesundheitswesen erschüttert und würde das auch bei Corona nicht tun. Wenn es Gesundheitsministerin Nonnemacher ernst meint mit dem Bestreben, Pfleger und Ärzte zu entlasten, dann sollte sie dieses Pferd von vorn aufzäumen – mit deutlich besseren Bedingungen für das Personal. Dann ginge es leise und für viele von uns sorgenfreier ins neue Jahr. J.H.

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