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„Der Bürger wird die Auswirkungen erst spüren, wenn es zu spät ist“

Cottbus | Von | 4. November 2016

Am Donnerstag gab der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (r.) seine Unterschrift bei der Volksinitiative gegen die Kreisreform ab Foto: Carolin Harz

Am Donnerstag gab der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (r.) seine Unterschrift bei der Volksinitiative gegen die Kreisreform ab Foto: Carolin Harz

Zum Start der Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform erklärt der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch aus seiner Sicht warum die Folgen der Reform für die Cottbuser spürbar sein werden

Am Donnerstag erfolgte ganz offiziell in Cottbus der Startschuss für die Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform. Mit dabei war auch der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch, der im Interview erklärt, warum jeder Cottbuser sich hier engagieren sollte.

Herr Kelch, der Bürger wird von dieser Reform gar nichts spüren, erklärt der Innenminister Karl-Heinz Schröter gebetsmühlenartig. Warum braucht es nun eine Volksinitiative dagegen?

H. Kelch: Weil auch das gebetsmühlenartige Wiederholen den Satz  nicht wahr macht.

Wie konkret ist der Cottbuser also betroffen?

Der Bürger wird die Auswirkungen erst spüren, wenn es zu spät ist. Nehmen wir die bei den Cottbusern sehr beliebte Straßenbahn. Wann und ob diese noch fahren wird, liegt nach der Reform nicht mehr in den Händen der Stadt sondern bei den Kreistagsabgeordneten.

Das mit der Bahn lässt sich doch sicher im Vorfeld regeln?

Sicherlich. Aber mir fehlt hier generell das Vertrauen in die Aussagen der Landesregierung. Einerseits wird erklärt, dass Cottbus hochverschuldet ist, andererseits will man uns zusätzliche Aufgabe übertragen, die dann wieder nicht ausfinanziert werden. Das widerspricht sich doch.

Was meinen Sie genau, dass Ihnen das Vertrauen fehlt?

Der Finanzminister Christian Görke versprach einst, dass Cottbus um zwanzig Millionen Euro entlastet werde. Dieses Geld solle die Stadt zur freien Verfügung stehen. Diese Aussage ist heute längst wieder vom Tisch. . Das spricht nicht für die Verlässlichkeit in der Argumentation.  Deshalb muss ich vom Schlimmsten ausgehen.

Und das wäre?

Cottbus verliert seine Kreisfreiheit und hat dann die Bedeutung wie die umliegenden kleineren Städte Senftenberg, Spremberg oder Großräschen.

Zurück zum Bürger. Welches Argument gibt es neben der Straßenbahn denn noch?

Durch die Cottbuser Kreisfreiheit hat der Bürger bei seinen Anliegen nur die Stadt als Ansprechpartner.
Wo genau ist das wichtig?
Bei einem Umzug etwa müsste sich der Cottbuser künftig beim Einwohnermeldeamt der Stadt und dann bei der Zulassungsstelle des Kreises melden. Zwei Behörden. Zwei Wege. Die Verwaltung aus einer Hand geht so verloren. Aber auch die Schulen, deren Träger derzeit die Stadt ist, werden nach der Reform auf den Kreis übergehen.

Wie schadet das dem Schüler?

Nehmen wir das Beispiel Schulturnhallen. Diese werden auch vom Vereins- und Freizeitsport genutzt. Künftig muss die Belegung der Hallen dann mit dem Kreis abgestimmt werden. Hier hat bislang der Stadtsportbund gute Arbeit geleistet.

Cottbus hat also Angst, Aufgaben abzugeben?

Wir wollen Dinge die heute gut laufen einfach weiter gut machen.

Zum Beispiel?

Im vergangenen Jahr hat im Cottbuser Technologie- und Industriepark die barth-Logistikgruppe ein neues Logistikzentrum eingeweiht. Beim Richtfest lobte der Bauherr, dass die Baugenehmigung innerhalb von sechs Wochen vorlag. Übrigens mache ich mir schon Gedanken darüber, dass wir bei der Gestaltung des künftigen Cottbuser Ostsees planerisch nicht mehr das Heft des Handelns in den Händen halten werden.

Den Bürger treibt die Reform nicht auf die Straße. Ist Ihnen da nicht bange bezüglich der Volksinitiative?

Die 20 000 Unterschriften landesweit sind machbar. Die dann folgenden 80 000 Unterschriften sind dann schon ein anderes Kaliber. Hier werden wir den Bürger dann ganz konkret vor Augen führen, welche Nachteile nach der Reform winken könnten.

Ein Nachteil winkt bereits. Die Lausitzer Städte treten im Kampf um den künftigen Kreissitz gegeneinander an. Kann das gut für den Zusammenhalt in der Region sein?

Solch ein Bewerbungsverfahren um den Kreissitz gab es noch nie. Ich sage ganz klar: Ich habe kein Problem damit, wenn in Senftenberg der Kreissitz des künftigen Kreises, wie immer der aussehen mag, ist. Cottbus muss dann als starkes Oberzentrum der Region aber kreisfrei bleiben.

Ist aus Ihrer Sicht denn gar keine Reform nötig?

Es ist doch unbestritten, dass eine effiziente Verwaltung immer klares Ziel sein muss. Die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen müsste finanziell stärker gefördert werden. Die Leitstelle etwa – das haben wir ganz alleine gestemmt und auch die Ausländerbehörde in Cottbus finanzierten wir selbst. Das automatisierte Standesamtsverfahren für 168 Standesämter läuft bereits über unser Rechenzentrum. Effizienz ist also  auch ohne Reform schon heute möglich, sie kann aber auf auf Dauer finanziell nicht allein von den Kommunen  geleistet werden.

Vielen Dank für das Gespräch.
Mit Holger Kelch sprach Mathias Klinkmüller



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