Hauptgeschäftsführer Knut Deutscher geht von Bord

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Sein Büro am Cottbuser Altmarkt hat Hauptgeschäftsführer Knut Deutscher bereits geräumt. Zum Jahreswechsel verabschiedet er sich in den Ruhestand Foto: FH

35 Jahre prägte er die Geschichte der Handwerkskammer in turbulenten Wendejahren.

35 Jahre arbeitete Knut Deutscher für die Handwerkskammer Cottbus, davon 28 Jahre als Hauptgeschäftsführer.
Zum Ende des Jahres übergibt er die Hauptgeschäftsführung an Manja Bonin. Mit dem künftigen Pensionär sprach Frank Heinrich.

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, Ihren Kammer-Schreibtisch zu räumen und Ihr Büro zu übergeben?
Knut Deutscher: Es geht so. Ich konnte mich auf diesen Moment vorbereiten und wer mich kennt weiß, wie wichtig mir ein aufgeräumter Schreibtisch ist. Da war die Übergabe reine Formsache.

35 Jahre klingen wie eine Ewigkeit. Haben Sie beruflich auch mal etwas anderes gemacht?
Nach meinem Ökonomiestudium ging es zunächst nach Guben in die Maschinenfabrik als Abteilungsleiter in der Verwaltung. Hier wurde ich geerdet. Die Dreher, Schlosser, Gießer und Grobputzer verrichteten eine harte körperliche Arbeit. Eines Tages – es gab Eintopf in der Betriebskantine – ließ ein Grobputzer vor meinen Füßen die Suppenschüssel mit wahrlich dünnem Inhalt fallen und fragte mich, wie er so seine Arbeitsnorm erbringen solle. Der Mann hatte Recht.

Warum entscheidet man sich beruflich für Guben?
Auch kleinere Orte können überzeugen. Man kennt sich, hat keine weiten Wege, Wohnung und Kindergartenplatz wurden geboten und das Berufsangebot stimmte auch. So fuhr ich auf kurzer Strecke mit dem Fahrrad zur Arbeit und auf dem Rückweg konnte ich sogar noch die Kinder aus dem Kindergarten abholen. Meine Kommilitonen in den DDR-Metropolen trafen es diesbezüglich weniger komfortabel.

Wie kamen Sie dann zur Handwerkskammer nach Cottbus?
Nach sechs Jahren reizte mich als gerade 30-jähriger eine neue berufliche Herausforderung. Die Aufstiegsmöglichkeiten in der Maschinenfabrik waren begrenzt und noch dazu hatte ich nicht das richtige Parteibuch. Dann bekam ich das Angebot, als 2. Stellvertreter der Handwerkskammer zu arbeiten. Zunächst sollte ich mir die Arbeit erst einmal eine Woche anschauen, ob mir das auch zusagt. Das war gerade die Woche, in der 1988 die Leistungsschau zum 35. Jahrestag der Handwerkskammer veranstaltet wurde. Ich habe Augen gekriegt, wie das alles abläuft. Die Leistungsvielfalt der Betriebe und die traditionellen und bürgerlichen Werte, die auch zur DDR-Zeit im Handwerk gelebt wurden, beeindruckten mich und so wechselte ich zum 1. November 1988 nach Cottbus.

Dann hatten Sie also noch einige Monate Ruhe, bevor der ‘Wendesturm’ aufzog?
Nein, bereits bei meiner Einstellung sagte man mir, es wären fünf Jahre vonnöten bis ich einigermaßen durchsehe im Handwerk. Da war ich völlig schockiert. Wofür halten die dich hier, dachte ich. Bist du völlig begriffsstutzig oder trauen die dir gar nichts zu. Ich erschloss mir vieles durch Kommunikation und menschliche Kontakte. Man muss sich dafür einfach die notwendige Zeit nehmen. 40-Stunden-Wochen reichten da auch damals nicht, später sowieso nicht. Schließlich folgten die Wendejahre. Ich bot mich mit Leistung an und stellte mich den Herausforderungen.

Welche Herausforderungen waren das konkret?
Es gab einen kompletten Paradigmenwechsel. Die Handwerkskammer, zuletzt eigentlich nur höflicher Erfüllungs- gehilfe restriktiver staatlicher Organe, erhielt ihre alten Aufgaben als Interessenvertretung und Selbstverwaltung des Handwerks zurück. Wir wurden zum Dienstleister mit Beratungsangeboten, Tipps und Vermittlungen. Die Berufs- und Meisterausbildung sowie die Prüfungen mussten unter Kammerführung neu organisiert werden. Es wurde umstrukturiert, gebaut, die Innungen wurden wiederbelebt. Die kammereigenen Ferienheime hingegen mussten abgewickelt werden. Gab es da eine Blaupause? Nein, vieles musste kurzfristig angepasst und unbürokratische gelöst werden. Teils galten noch DDR-, aber auch schon BRD-Gesetze, dazu kamen neue Landesgesetze. Auch regionale Befindlichkeiten und Traditionen wirkten auf uns ein. Als Partner unterstützte uns die Handwerks- kammer des Saarlandes. Es entstand eine Verbindung, die bis heute anhält.

An welche beruflichen Lichtpunkte denken Sie besonders gern zurück?
Als Nicht-Baumensch bin ich stolz, dass ich an der Entstehung von zwei erfolgreich etablierten Bildungsstätten – in Gallinchen und Großräschen – maßgeblich mitwirken konnte. Deren Aufbau und Finanzierung hat mir so manche Bauchschmerzen und schlaflose Nächte gebracht, aber es hat sich gelohnt.
Gerne erinnere ich mich auch noch heute an den Deutschen Handwerkskammertag 1995 mit Helmut Kohl. Die Cottbuser Messe platzte aus allen Nähten. Es erfüllt mich wirklich mit Stolz, dass ich das mit meiner Mannschaft zu allgemeiner Zufriedenheit umsetzen konnte.

Welche Projekte hätten Sie noch gern abgeschlossen?
Unsere Betriebe im Raum Königs Wusterhausen benötigen eine Bildungsstätte. Hier hätte ich vielleicht forscher vorgehen sollen. Nun obliegt es meiner Nachfolgerin, das zu schaffen. Für dieses und alle zukünftigen Projekte wünsche ich den Mitarbeitern der Handwerkskammer und meinen Wegbegleitern alles Gute.

Was sagen Sie den Handwerkskammer-Kollegen zum Abschied?
Miteinander, mit den Meistern und allen Handwerkern, reden war und bleibt immer das Wichtigste unserer Profession. Es bleibt ratsam, dass man sich dabei selbst nicht zu wichtig nimmt. Niemand sollte jeh vergessen, für wen man eigentlich da ist.

Gibt es Pläne für die kommende `Ruhestandszeit`?
Ich habe die ein oder andere Reise geplant, und meine fünf Enkel würden mich gern häufiger sehen. In der Ober-
lausitz lebt mein fitter fast
90-jähriger Vater, der in den vergangenen Jahren auch zu kurz gekommen ist.

Danke für das Gespräch.