
Cottbus. Goethes Jugend-Aufreger in der Cottbuser Kammerbühne: „Die Leiden des jungen Werther“, Literatur-Strafarbeit in Abiturklassen. Wie spielt man heute in Urzeiten brieflich erzählte Kümmernisse? Die Frage schien spannend genug, die Kammerbühne zur Premiere am letzen Freitag bis auf den letzten Platz mit durchaus jungem Publikum (mittleren Alters) zu füllen.
Das Schauspiel, selbst gerade nicht in konzeptioneller Hochform, hat das Stück des freien Regisseurs Janis Knorr vom Staatstheater Kassel übernommen, die gebirgige leuchtende Bühne mit diversen kleinen Spielorten baute Ariella Karatolou, die auch die Kostüme hergab. Werther, dem Goethe einen blauen Frack mit gelber Weste anzog, tobt hyperaktiv im gelben Hemd (ohne Wäschewechsel) durch all die vielen erzählten Tage, und damit ist auch das Maß der Werktreue angedeutet, auf das sich Knorr immerhin einlässt. Er lässt zu weiten Stücken tatsächlich die meist verzweifelten Selbstgespräche des glücklos verliebten Werther abbilden. Torben Appel kann sich kaum halten vor Leidenschaft und verwirrter Hingabe zu Lotten, die, ein modernes Mädchen, nichts dafür aber auch nichts dagegen tut, dass der Jüngling nie von ihr lassen mag. Er schießt sich aber am Ende nicht „das Pistol vor dem Kopf“, sondern fällt tot vom Stuhl.
Nein, Lotte, schön gezügelt von Nathalie Schörken gespielt, konnte dies Ende nicht verhindern. Auch Albert nicht, ihr angetrauter Mann, den Markus Paul als die Position der Vernunft gestaltet. Er ist ein echter Freund Werthers und ohne jede Spur von Eifersucht. Sein guter Rat an Lotte, von Werthern zu lassen und Begegnungen mit ihm zu meiden, gilt wahrhaft dem Wohl des Freundes. Wahre Freundschaft aber ist nicht stark genug, brennende Liebe zu löschen. Nächster Termin: 8. Februar 2023. J. Heinrich
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