Zur Charakterstraße „Sprem“, wie die Spremberger Straße liebevoll genannt wurde, gehörten die Kaufhäuser, Geschäfte, Cafés und ein Menschenleben lang, nämlich 71 Jahre, die Straßenbahn. Alle Linien fuhren hier zweigleisig durch und auch für Autos war noch Platz. Bis 1974. Am 1. Juli hielt letztmals eine Bahn an der Zentralhaltestelle Schlosskirche. Ab 29. Juli 1974 fuhren die Bahnen durch die neue Stadtpromenade.
Für die lebendige Sprem war das Ausgrenzen der Tram ein Verlust. Die Geschäftsstraße hatte sich mit dem Neubau des noblen Restaurants „Stadt Cottbus“ am alten Kaufhausstandort und anderen Lückenschließungen gerade vom Kriegseinbruch erholt. Sie sollte nun verkehrsfreier Boulevard werden, während die Beförderungsaufgaben der Straßenbahn, insbesondere mit dem neuen Textilkombinat im Norden (ab 1969), dessen überwiegend weibliche Beschäftigte großenteils im Süden der Stadt wohnten, enorm zunahm. Die Bahnen fuhren teilweise mit Triebwagen und zwei Hängern im 7-Minuten-Takt und meist vollbesetzt. Die Einzelfahrt kostete, wenn man Fahrkarten im Zehnerblock kaufte, 10 Pfennige, sonst 15 Pfennige.
Ab 1966 wurde das neue Stadtzentrum (Stadtpromenade) geplant und gebaut. Die Straßenbahntrasse mit Zentralhalte-
stelle einschließlich Brücke und Tunnel für Fußgänger (letzterer wurde bald wieder geschlossen) gehörte dazu. Ab 1972 wurde an der neuen Gleistrasse gebaut.
Der Ruf nach einer Straßenbahn, wie es sie in vielen Großstädten gab, erklang in Cottbus schon um 1884. Zunächst war eine Schmalspur-Lokomotive im Gespräch. Schließlich eroberte aber der elektrische Strom die Stadttechnik, und auch Cottbus baute sein E-Werk, das den Bedarf der Straßenbahn und der Stadtbeleuchtung zu decken hatte. Im Juli 1903 fuhr tatsächlich die erste Straßenbahn – vom Bahnhof durch die Sprem bis zur Sandower Brücke. Die Begeisterung war riesig. Es wurden Ansichtskarten mit der neuen Errungenschaft gedruckt mit der Aufschrift: „Cottbus ist Großstadt jetzt – Hurra!“. Tatsächlich lebten etwa 40 000 Menschen in Cottbus; 100 000 wurden es erst im Jahre 1976. Zunächst fuhren auf drei Linien 15 Motorwagen und drei Beiwagen. Zeitweise kamen zwei Linien hinzu, und selbst vorm Theater hielten Straßenbahnen der zum Spreewaldbahnhof führenden Linie. War Vorstellungsschluss, standen mehrere Straßenbahnen vorm Theater. Sie fuhren direkt nach Ströbitz, Schmellwitz, Sandow und in den Süden.
Wirtschaftlich erlebte die Bahn Höhen und Tiefen, aber nur 1945 bis 1948 war sie ganz oder teilweise eingestellt. Eine Politiker-Idee, die Elektrische abzuschaffen, löste in den 1990er Jahren Riesenprotest aus. Hnr.
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