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Warum ging Lehmann?

Personen | Von | 18. November 2016

Das Schloss in Doberlug ist anlässlich der Brandenburgischen Landesausstellung 2015 umfassend saniert worden

Das Schloss in Doberlug ist anlässlich der Brandenburgischen Landesausstellung 2015 umfassend saniert worden

Ein kleiner Historiker-Streit um Parade-Autor

Dieser Tage war ich auf Schloss Doberlug zur Herbsttagung der Niederlausitzer Gesellschaft. Viel Prominenz. Was dort an musealen Anlagen entstanden ist, kann man nur rühmen. Aber zur Tagung war es fußkalt. Ich hatte mich mächtig erkältet und lag Tage im Bett. Deshalb kann ich erst jetzt schreiben.
Zur Tagung ging es um Rudolf Lehmann, „den“ Historiker der Niederlausitz*. Prof. Neitmann, oberster Historiker im Bundesland Brandenburg, schickte eine attraktive Doktorandin vor. Er selbst gab aus dem Hut dazu, warum Lehmann die DDR verlassen hatte.
Ich habe absolut den Kopf geschüttelt, denn Lehmann war zu dieser Zeit bereits Rentner. Jeder Rentner, sofern er kein Geheimnisträger war, durfte die DDR verlassen, weil er das Rentensystem der DDR nicht belastete. Als ich von ‘79 bis ‘86 dafür zuständig war, habe ich jede Woche ein bis zwei solcher Genehmigungen unterschrieben.
Nun gab es während der Tagung gar Leute, die wegen Stasi-Tätigkeit forschen wollten!? Ich stellte „Zeus“ Neitmann die Frage, welche Rolle Lehmann wohl zur Zeit der Nationalsozialisten gespielt habe. Da knickte er ein. Die hübsche Assistentin musste erklären, dass Lehmann absolut zum NS-Staat passte. Er war NSDAP-Mitglied und leitete die Niederlausitzer Gesellschaft, ohne dass es jemals Klagen von der NS-Diktatur gab. Ob angestrebt, gewollt, zufällig oder eben so, sei dahin gestellt.
Natürlich war Lehmanns Geschichtsauffassung nichts für die DDR. Ulbricht wollte sich selbst darstellen. Die achtbändige Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung begann bei den Vorläufern von Marx. Dass Lehmann in der DDR scheitern musste, war vorprogrammiert. Aber daraus, wie Neitmann, Kapital schlagen zu wollen, halte ich für morbid.
Damit nichts in die falsche Kehle gerät: Ich bin der Sohn eines in der NS-Diktatur beargwohnten Pazifisten, meine Staatsexamensarbeit in Geschichte beschäftigt sich mit dem KZ-Außenlager Schwarzheide, und als Politikwissenschaftler wurde ich erst nach der Wende promoviert.
Dr. Klaus Lange, Turnow

*) Dr. Rudolf Lehmann, Gymnasiallehrer in Senftenberg, 1930-45 Vorsitzender der Niederlausitzer Gesellschaft für Geschichte und Altertumsforschung, 1948-58 Archivleiter in Lübben



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Kommentar

Ein erfrischender Kommentar, der angesichts der Veröffentlichung der Tagebücher Lehmanns (Rudolf Lehmann, ein bürgerlicher Archivar am Rande der DDR. 2018) neue Aktualität erhalten hat.
Dr. Karl Klaus Walther


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