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Bergleute trugen den Sarg der Abessinierin

Bilder aus dem alten Cottbus | Von | 1. Dezember 2023

Ein langer Zug durch die ganze Stadt gab der Unglücklichen das letzte Geleit.

grab Adschameh 2 Large

Machbuba hieß eigentlich Adschameh, und so taufte Pückler eine Araber-Stute, deren Grab jetzt auf eine Branitzer Wiese wieder markiert ist Foto: L. Schöpfwasser

Wir waren ein wenig vom Niederlausitzer Pfad abgekommen, doch auch wenn das Bild aus dem sächsischen Bad Muskau kam, einem der beliebtesten Ausflugsziele unserer Leser, gab es spannende Zuschriften. Aquanaut Klaus Reiter aus Cottbus schreibt: „Parkgestalter Fürst Herman von Pückler reiste 1837 nach Karthum im damals ägyptischen Sudan. Dort sah er das erste Mal Machbuba (Geliebte) auf dem Sklavenmarkt. Sie stammte aus einer Fürstenfamilie, die bei einem Überfall auseinandergerissen wurde, und das Mädchen landete auf dem Sklavenmarkt. Der Fürst sah die leicht bekleidete Schönheit, verliebte sich, und ohne zu handeln kaufte er sie für hundert Taler. Leider erkrankte sie nach einiger Zeit in Muskau an Tuberkulose und starb. Am 30.10.1840 wurde sie unter großer Anteilnahme in Bad Muskau beerdigt. Noch heute kann man das Grab auf dem evangelischen Friedhof besichtigen. Der Park wurde von 1815 bis 1845 erschaffen. 1945 wurde das Schloss abgebrannt und 1995 bis 2011 wieder aufgebaut. Es ist Weltkulturerbe und ein Besuch lohnt sich!“
Ausführlich befasst sich Manfred Gnida aus Spremberg mit dem Stoff: „Passend zum Monat November, wo auf den Friedhöfen Verstorbener gedacht wird, sehen wir diese Grabstätte auf dem St. Jacobi Friedhof in Bad Muskau. Hier an der Kirche, die einst dem Apostel Jakob geweiht wurde, befinden sich das Grab der Machbuba, zwei Grufthäuser, elf Grabmale und die Gedenktafel für die Gefallenen des I. Weltkrieges. Ich war oft an diesem Ort, aber historische Erinnerungen aus Muskau bestehen schon aus meiner Jugendzeit.
Auf dem um 1550 angelegten Friedhof wurde die Kirche als Begräbniskapelle errichtet und nach der Schließung des Friedhofes 1888 blieb sie lange ungenutzt. 1935 pachtete der Heimatverein die Kirche und richtete ein Heimatmuseum darin ein. Im II. Weltkrieg wurde vieles in der Stadt zerstört, so auch die ehemalige Stadtkirche, deren Wiederaufbau nicht erfolgte. Die Jakobskapelle wurde nun am 31. Oktober 1947 als Pfarrkirche eingeweiht und von der evangelischen Kirchengemeinde für Gottesdienste genutzt. Die Jakobskapelle wurde 1960 die Jakobskirche. Berühmt ist der von Fürst Hermann Pückler-Muskau im englischen Stil errichteten Park, der seit dem 2. April 2004 auf der Liste UNESCO Weltkulturerbe steht. Große Teile des Parks mit vielen Besonderheiten sind im polnischen Teil zu finden. Erinnern kann ich mich noch gut, von den Parkwiesen über die Neiße blickend zwei historischen Gebäude gesehen zu haben: das Mausoleum und das 1820 als Ausflugsziel errichtete Englische Haus, nach 1945 noch von polnischen Grenzsoldaten genutzt, bis es dem Zerfall preisgegeben wurde. Die Reste dieser zwei Orte wurden 1972 abgerissen. An das Mausoleum erinnert ein Steinkreuz. Das Schloss, welches nun im neuer Pracht hier steht, kenne ich noch als Ruine. Nun beherrschen die Erinnerung an Muskau aber schöne Erlebnisse zu unserer Goldenen Hochzeit, deren Kaffezeit wir dort feierten.

grab machbuba Large

Foto: L. Schöpfwasser

Nun zur Frage, wie Machbuba starb. Im Sterberegister der Stadtkirche des Jahres 1840 wurde unter Nr. 51 geschrieben: ‘Am 27. Oktober mittags gegen 12 Uhr starb auf hiesigem fürstlichen Schlosse eine Abyssinische Jungfrau namens Machbuba, welche der Fürst Hermann von Pückler-Muskau von seinen Reisen in den Orient und namentlich Egypten mitgebracht hatte. Sie war wohnständig im hohen Gebirge Abyssiniens, an den Quellen des Nils geboren. Als Tochter eines königlichen Beamten des Hofes eines Landes geriet sie in Sklaverei während eines Krieges mit dem Nachbarvolk. Ihre Eltern und sechs ihrer Brüder von Feinden getötet, wurde sie mit ihrer Schwester zuerst nach Gondor gebracht von da ward die Machbuba nach Sudan geführt, wo sie der Fürst im Alter von etwa 11 Jahren an sich kaufte und mit sich hierher nahm. Sie verstarb im Alter von 16 Jahren an Auszehrung. Begräbnis den 29. Oktober, abends 7 Uhr, durch die Knappschaft mit Fackeln und Lampions auf dem Stadtkirchof durch Superintendent Petzold.’ Die Einwohnerschaft sowie viele Hergekommene hatten sich im nächtlichen Dunkel versammelt, um Zeuge der Beerdigung zu sein. Der Leichenzug bewegte sich aus dem Schlosshofe über den Markt zum Friedhof. Bergleute des Alaunbergwerkes waren Träger des Sarges und gaben das Geleit. Sodann folgten die Geistlichen der Stadt, die Ärzte, die Dienerinnen, Beamte und viele Bürger. Ein einfacher Grabhügel wurde 1887 von Muskauer Bürgern durch einen ‘cementierten Hügel’ ersetzt, so wie es auch 1993 erfolgte. Heute noch befindet sich darauf ein zerbrochenes Herz als Symbol, dass ihr letzter Wunsch nicht in Erfüllung ging. Als genaue Todesursache schilderte der behandelne Arzt Dr. Freud nach einer Obduktion ‘Gekrösdrüsen- und Lungentuberkulose.’ Die Geschichte der Machbuba ist auch in Äthiopien bekannt. Schicksale äthiopischer Sklavinnen in Europa finden hohe Wertschätzung; ein Beispiel dafür ist die Machbuba. Das Grab wird heute noch gepflegt, und am 23. April 2004 besuchte der äthiopische Botschafter in Deutschland das Grab. 2017 wurde ein Gedenkkreuz mit Widmung aufgestellt.“ Im neuen NIEDERLAUSITZ-Jahrbuch 20-24 befasst sich Luis Schöpfwasser unter dem Titel „Idylle und Tragödie: Hermann, Lucie und Machbuba – Von der Leidenschaft eines Weltreisenden und dem frühen Tod eines abessinischen Mädchens in Muskau“ mit dem Stoff. Jetzt schreibt der Autor: „Als aufmerksamer Leser des ‘Boten’ möchte ich noch etwas Erhellendes zu des Fürsten Pücklers Lieblingen Machbuba und Adschameh beitragen: Pückler brachte bekanntlich von seiner sechsjährigen Orientreise (1834-1840) nicht nur kostbare Gewänder, Teppiche, erlesene Spezereien und feurige Araberpferde mit, sondern auch eine dunkelhäutige, abessinische ‘Kindsfrau’ namens Machbuba. Um ihren plötzlichen Tod im kühlen, herbstlich-nebligen Neißetal zu Muskau ranken sich bis heute viele Erzählungen. Sie soll zunächst Adschameh genannt worden sein – wie Pücklers Araberstute. Der Name ‘Machbuba’ ist arabisch und bedeutet ‘Liebling’ oder ‘Geliebte’. Machbubas sterbliche Überreste finden wir noch heute auf dem Gottesacker in Bad Muskau. Die Araberstute Adschameh hingegen bekam vom Fürsten im Branitzer Park ein Ehrengrab. Was ‘Adschameh’ auf deutsch heißt, diese Frage beschäftigte unseren Fürsten bis 1869. Ob ihn die Antwort, die er über den Botaniker Karl Koch (1809-1879) vom preußischen Diplomaten und Orientalisten Johann Gottfried Wetzstein (1815-1905) erhielt, zufrieden stellte, ist nicht überliefert. Adschameh bedeutet ‘der harte Felsblock’! Die Inschrift auf der Grabtafel lässt vermuten, Hermann von Pückler faszinierten der Klang des Wortes und das Wesen seiner Araberstute mehr als die tatsächliche Wort-Bedeutung. Machbubas Grab in Bad Muskau ziert ein gebrochenes Herz. Die Stute bekam eine Schrifttafel.“ Die war allerdings nicht mehr vorhanden. Im Rahmen des Programms der „verlorenen Orte“ ist sie vor wenigen Jahren vom Verein Fürst Pückler in Branitz e.V. aus Spenden wieder hergestellt worden.

Weitere Beiträge über das historische Cottbus finden Sie hier!



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