In Schwerin, ein Stück weg von hier, steht in der Altstadt ein Gebilde aus dickem Blech und Feldsteinen. Sonderbare Typen mit Betonköpfen lümmeln verwirrt um ein kreisrundes Blech. „Runder Tisch?“ fragt ein 15-Jähriger, das Schild lesend. „Was soll’n das?“ Zwei andere kringeln sich und machen Witze. – Klar, was kann ein 15-Jähriger, der vermutlich nicht mal weiß, dass vor 59 Jahren eine unheilvolle Mauer gebaut wurde, mit solchem Möbelbegriff anfangen? Die deutsche Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, aus dem die meisten von uns kommen, ist kompliziert. Brandenburgs Bildungsprogramm kennt das Dilemma, will Erinnerungskultur an Schulen stärker fördern, auch mit Exkursionen an Gedenkstätten. Mindestens je einen Ort der Nazizeit und einen der DDR-Geschichte soll jeder Schüler oberer Klassen pädagogisch begleitet besuchen. „Außerschulische Lernorte“ heißt das entsprechende Fachwort. Konzentrationslager und beispielsweise das Menschenrechtszentrum in Cottbus werden dafür empfohlen. Wobei auch Lehrern klar ist, dass DDR nicht nur Stasi, Knast und Stacheldraht heißt. 153 Schulen haben jetzt berichtet, dass letztes Schuljahr knapp 30 000 Schüler aus Klassen 7 bis 13 Lernort-Fahrten erlebten, um sich mit Aspekten des Nationalsozialismus und der DDR-Geschichte auseinanderzusetzen. Wie genau das ablief, wird nicht berichtet. Aber eigentlich müssen die Reisen zur DDR-Erinnerung auch nicht weit sein. Unsere Städte und auch Dörfer sind reich an solchen Kunstwerken, wie dem erwähnten Schweriner, das der Lübecker Künstler Guillerme Steinbrüggen 1990 beim ersten gesamtdeutschen Metallbildhauer-Symposium schuf. Diese Form der urbanen Poesie spricht immer Gefühl und Verstand an. Und da die Werke in nächster Nähe zu finden sind, reduziert sich die Zeitgeschichts-Lektion nicht auf eine Exkursion – die natürlich trotzdem nützlich bleibt. J.H.
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