Neue Bühne Senftenberg in schwerer See am 6.10.2018
Feuilleton, Senftenberg & Seenland | Von CGA Verlag | 5. Oktober 2018Das neue Spektakel „Stürme!“ entführt in Märchenwelten und provoziert auch.
Senftenberg. Das wird ein langer, kein ruhiger Abend. Laut beginnt er im Hof-Hafen (schöne Volksfiguren!), mystisch wird’s in den Katakomben, wo sich in den Eisen unter der Drehbühne Friedrich Rösiger als Prosperos Schatten permanent umbringt und Käpt’n Heinz Klevenow mit dem träumerischen Shanty-Bergarbeiterchor den kühnen Jugendjahren nachtrauert. Zum Beispiel. Es kann auch ganz anderes passieren, denn das Publikum wird per Rot-, Gelb- oder Blau-Bändchen gesplittet und erlebt szenische Miniaturen nach den Seefahrer-Romanen des britisch-polnischen Autors Joseph Conrad (1857-1924). Frank Düwel hat das mit viel Seele verfasst und auch bildstark Regie geführt.
Shakespeares Klassiker „Der Sturm“ tobt in der Mitte des Spektakels, von Manuel Soubeyrand (Regie) ausdrücklich auf das Märchenhafte setzend. Seine Zauberkraft verkörpern drei couragierte Feen; seine Karavelle in hohen Fahnentuchwellen steht zwar fest, an der Besatzung zottelt aber beängstigend tobender Sturm (toll!), so dass ihre Rettung mit Zauberer Prospero alle erleichtert.
Diesen vertriebenen, nun belesenen König von Mailand gibt Sebastian Volk nun leider ohne Spur von Weisheit und Charaktergröße, sondern nur laut und starr deklamierend. Ganz anders Roland Kurzweg, der seinen Caliban (auch mit Hilfe der perfekten Maske) zu einem echten Troll und gehemmten Provokateur macht. Das reizt er zudem im Zwischenspiel mit den „kleinen Italienern“ (hübscher Spaß) grandios aus. Auch weitere Rollen sind gut, teils überraschend besetzt, wie etwa Sybille Böversen als Alonso oder Catharina Struwe als Antonio. Shakespeare führt den Kahn ins Happy-End, und dort gießt dann ein gealtertes Musikanten-Paar ein paar alte Kalauer in neue comedy-Formen. Nicht alles ist heiter, aber das war es auch zu anderen „Sturm“-Zeiten nicht. Jan Mixsa, hier als Frau, verfasste diesen Epilog fürs nun erschöpfte Publikum. Alles in allem: Ein köstliches Spektakel, dessen Kernsatz nachhallen soll: Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind; und unser kleines Leben ist von einem großen Schlaf umringt. („Sturm“, 4. Akt, 1. Szene) J. Heinrich
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