Schloss oder Herrenhaus ?
“Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer …” – so betitelte Alexander Duncker sein fast 1000 Ansichten umfassendes Werk, erschienen in den Jahren 1857/83. Der ziemlich umständliche Titel bezeichnet Bauten, die im Volksmund einfach “Schloss” oder “Gutshaus” genannt werden. Doch so richtig treffend ist das auch nicht. Schloss nennt man den Wohnsitz (manchmal nur zeitweise) einer herrschenden Familie, vom König bis zum Standesherren. Dagegen ist das “Gutshaus” der Sitz eines Gutsverwalters. Die allermeisten Gebäude, die wir beschreiben wollen, sind dagegen als Herrenhäuser zu bezeichnen. Schlösser dienten vor allem der Repräsentation, Herrenhäuser waren das Zentrum eines ökonomischen Betriebes, einer Gutswirtschaft.
Auf den ersten Blick ist die Lausitz kein Burgenland, dennoch kann man auch hier so manche Burgentour unternehmen. Allerdings kommt dabei nur ein Fachmann, der Archäologe oder der Historiker, auf seine Kosten, der Laie sieht fast nichts mehr von den mittelalterlichen Bauten. Die Archäologin Ines Spazier nennt in ihrem akribischen Werk “Mittelalterliche Burgen zwischen mittlerer Elbe und Bober” fast 300 Orte. Bei ihren Untersuchungen stellte sie 130 Wasserburgen, 20 Turmhügel und 28 Burgstellen des Mittelalters fest.
Renaissance, Barock, Klassizismus, Historismus
Mit dem Fortschritt der Militärtechnik seit dem 15. Jahrhundert veränderte sich auch der Bau der Herrensitze, aus Burgen wurden Schlösser. Vorherrschende Baustile der jeweiligen Zeit bestimmten ihr Aussehen. Hervorragende Beispiele für die Renaissance findet man in Fürstlich Drehna im Altkreis Luckau und in Großkmehlen, bei Ortrand nahe der sächsischen Grenze. Für das Barock sei Altdöbern im Altkreis Calau genannt, für den Klassizismus Schloß Lübbenau und für den Historismus Schloß Bärenklau bei Guben, errichtet 1927/28, überhaupt der letzte Schloßbau in der Lausitz.
Eine Kulturschande
Mit der Bodenreform 1945 strebten die deutschen Kommunisten auch zwei spezielle Ziele: Edwin Hoernle, Landwirtschafts-Stratege der SED, rief zum ersten dazu auf, die “Angehörigen des Adels zu liquidieren”. Brandenburgs Innenminister Bechler nannte das zweite Ziel: “Zur Sicherung der Bodenreform ist der Abriß von Herrenhäusern, Schlössern usw. politisch notwendig, weil in ihnen das Junkertum verkörpert wird.” Nicht Krieg und Baustoffmangel führten zu Verlusten. Nein, diese Kulturschande war politischer Wille. Im Gegenteil, der Mangel verhinderte die Umsetzung der Anweisungen der SED, die Herrenhäuser wurden gebraucht für Schulen, Krankenhäuser und Altenheime. Vertriebene, Dorfkonsum und Bürgermeister, später auch das LPG-Büro, zogen ein. Dennoch, die Verluste waren hoch: rund 400 Herrenhäuser gab es bei uns, davon wurden kurz nach 1945 etwa 25 abgerissen, 10 weitere nach 1950, über 25 gingen durch sogenannte Devastierung, d.h. Abbaggerung für einen Tagebau, verloren.
Hoffen und Bangen
Nach der Wende glaubten viele, der katastrophale Zustand der Herrenhäuser hätte nun ein Ende. Gewiß, für einen kleineren Teil der Bauten traf das auch zu. Eigentümer der allermeisten wurde zunächst die Bundesrepublik Deutschland. Als erstes wurden die alten Nutzer entfernt, aber neue fanden sich nur selten. Durch jahrelangen Leerstand, verbunden mit Vandalismus und aller letzter Ausplünderung, sind nun viele dieser Bauten akut gefährdet. Wir wollen Ihnen sowohl die, die “auferstanden aus Ruinen” sind, als auch die, die noch immer regelrecht nach Hilfe und Erlösung schreien, vorstellen.
SEK Cottbus
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